Unverglueht by Jona Mondlicht

Unverglueht by Jona Mondlicht

Autor:Jona Mondlicht [Mondlicht, Jona]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2015-02-18T23:00:00+00:00


Kapitel Zehn

Lia nahm die letzten Steinstufen der Treppe mit einem großen Schritt. Sie war völlig außer Atem. Dabei lagen nur drei Stockwerke hinter ihr. Sie hatte verzichtet, auf den Fahrstuhl zu warten, denn sie war ohnehin verspätet. Zu dem Zeitpunkt, als sie die Eingangshalle des Hotels betrat, fehlten ihr schon fünfzehn Minuten. Bruno sah das nicht gern. Ihre gemeinsame Zeit war beschränkt. Er war beruflich bedingt ständig unterwegs, hielt sich die meiste Zeit des Jahres weit entfernt von ihr auf. Es wäre einfacher gewesen, wenn er sich endlich niedergelassen hätte. Vorzugsweise in Lias Heimatstadt. Vielleicht sogar in einer gemeinsamen Wohnung. Wie viel mehr Zeit würden sie füreinander finden.

Sie bog keuchend in den Flur ein, sah sich kurz um. Ein teppichbedecktes Labyrinth aus Gängen und Türen. Keine Bilder, keine Pflanzen. Beschränkt auf simple Nutzbarkeit. Entpersonifiziert. Ein kleiner Wagen aus Metall ruhte an einer freien Wand, auf ihn gestapelt weiße Bettwäsche. Die Zimmernummern entdeckte Lia auf Schildchen aus gebogenem Plastik. Schnell orientierte sie sich, erkannte die Ordnung der aufgeklebten, schwarzen Ziffern, folgte dem richtigen Flur. Dreihundertsieben. So hatte Bruno es ihr geschrieben. Als sie die Tür erreichte, atmete sie noch einmal tief durch. Zog ihre Jacke gerade, die durch das hastige Treppensteigen in Unordnung geraten war. So wie sie selbst. Wohl fühlte Lia sich nicht. Nicht Aufregung, sondern Eile ließ ihr Herz pochen. In ihren Gedanken sah sie noch immer nicht Bruno, sondern überflog wiederholt alle Dinge, die sie vor dem Treffen noch hatte regeln müssen. Eine lange Liste abgehakter und unangenehmer Dinge, unter die sie nun schnell einen gedankenabweisenden Strich ziehen musste.

Sie klopfte zügig an die Tür. Blies sich Luft über das Gesicht. Spürte, dass sie schwitzte. Da sich nichts tat, fiel ihr ein, dass sie ein Zeichen vereinbart hatten. Sie überlegte kurz, klopfte erneut, wartete, wiederholte es. Zwei mal kurz hintereinander mit kleiner Pause.

Als sich die Tür endlich öffnete, stand Bruno lächelnd vor ihr. »Lia!« Er musterte sie in einer Zehntelsekunde und noch bevor sie etwas sagen konnte, griff er sie am Arm. Zog sie in den Raum, schloss hinter ihr ab. Er hob die Handtasche von ihrer Schulter, ließ sie neben ihr auf den Boden gleiten. »Lia!« Er umarmte sie stürmisch. Ein halbes Jahr hatten sie sich nicht gesehen.

Lia lachte. Ein wenig bemüht. Zwar tat es gut, Bruno zu spüren und diesen Menschen in die Arme zu nehmen, der sie am Strand gefunden hatte. Der im Laufe der Zeit ihr Vertrauter geworden war und den sie monatelang vermisst hatte. Aber sie war gedanklich noch nicht angekommen. Gerade eben erst hatte der Alltag sie ausgespien. Sie rieb mit der Hand über Brunos Rücken. Wollte ihn nicht enttäuschen.

»Wie geht es dir?«, fragte Bruno, trat einen Schritt zurück und sah sie begeistert an. Seine Freude über das Wiedersehen strahlte über sein Gesicht. »So lange habe ich darauf gewartet.«

»Entschuldigung, dass ich zu spät komme«, sagte Lia und strich sich die Haare nach hinten. »Aber …«

Bruno legte ihr den Zeigefinger auf den Mund. »Nein. Nicht. Es ist gut. Hauptsache, du bist hier.« Er hob ihre Handtasche auf, legte sie auf den kleinen Tisch, der verloren an einer Seite des Raumes stand.



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